Ende Oktober nahmen wir mit einem Info-Stand an der Ulmer Briefmarkenmesse in Halle 2 teil. Der Andrang an den Verkaufsständen in Halle 1 war riesig. Postanstalten fehlte stundenweise der Nachschub. Man spürte regelrecht die Freude darüber, sich zu treffen und miteinander persönlich zu reden. Neben den Händlern waren auch 40 Arbeitsgemeinschaften (ArGe) mit einem „Messestand“ präsent.

In Fortsetzung der Tradition der Sindelfinger Messe sind es hauptsächlich ArGen, die Postgeschichte und Traditionelle Philatelie betreiben. Da waren wir mit unserer Medizinphilatelie Exoten. Unser Werbegag – „An apple a day – keeps the doctors away” – die Verteilung von Äpfeln aus der heurigen Ernte, lockte nicht wenige an, und so manches Gespräch konnte initiiert werden, manche „belächelten uns aber auch mitleidig“. Die Vorstellung unserer Exponate und Vorträge auf einem Bildschirm – Motto: Geschichte(n) mit Philatelie erzählt – hat einige zum Stehenbleiben animiert.

Mit unserer Zeitschrift Philatelia Medica (PM) und Netzseite Medizinphilatelie.com haben wir an zwei Wettbewerben des BdPh teilgenommen. Ausgezeichnet wurden wir mit Vermeil für die PM und Groß-Vermeil für die virtuelle Seite. Hier wurde deutlich: die großen Sieger waren Postgeschichte und Traditionelle Philatelie. Aufgrund der philatelistischen Tiefe ist es schwer, mit ihnen in punkto Forschung mitzuhalten. Mir wurde sogar gesagt, es wäre nicht förderlich, ein philatelistisches Mitteilungsblatt so ähnlich wie ein Boulevardblatt zu gestalten. Meine Antwort (wohl etwas forsch) war, dass „meine“ Philatelie eher darin besteht, mit Philatelie Geschichte(n) zu erzählen, die viele interessieren und nicht nur ein ausgewähltes und aussterbendes Publikum. Abhandlungen wie viele Zacken eine Briefmarke mit medizinischem Motiv besitzt, welche Auflage und welcher Druck zur Anwendung kam werden höchstens den engen Zirkel eingefleischter Philatelisten begeistern. – Wir müssen uns öffnen, neue Wege gehen, um Menschen jeden Alters für die Philatelie zu begeistern.

Urkunde

In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, dass es über diese Messe in der Landesschau Baden-Württemberg einen TV-Bericht gab: die Philatelie wurde als „Hobby der alten Männer“ vorgestellt. Dem wurde entgegnet, dass es sehr wohl junge Philatelisten gibt, die sich aber nicht analog auf Börsen sondern virtuell im Internet bewegen. Wo aber ist das Angebot für diese junge Philatelisten aus den deutschsprachigen Verbänden? Welche Netzseiten, welche Social Media Kanäle gibt es für sie? Wo sind die Inhalte, die sie interessieren und bewegen? Vielleicht doch ansprechen über ihre Themen, ihren Stil, evtl. sogar im Stil einer „Boulevardzeitung“ mit „Alltagsartikeln“ gespickt mit philatelistischem Material, dessen philatelistische Besonderheit dann auch erklärt wird. Das macht das Ganze vielleicht wieder spannend. Davon war nichts oder kaum etwas auf der Messe zu sehen.

Ich muss sagen, wir bekommen mehr Anerkennung im Netz und international für unsere Arbeit als hier in unserer Heimat (siehe Twitter-Komment von G. Loew (Chefredakteur des “American Philatelist” bis Januar 2022) zu unseren Webseitenbeiträgen, die von uns auch über Twitter beworben werden – von unten nach oben lesen). Verschläft die „traditionelle“ Philatelie im deutschsprachigen Raum eine Chance weiterleben zu können – oder ist sie schon im Koma? Vereinzelte Netzseiten sind zwar gut, aber leider sind es noch viel zu wenige, und auch weniger auf Jugend ausgerichtet.

Wie oft werde ich belächelt wegen des PHILATELISTISCHEN PUZZLES auf der Seite des ÖSVLPH. Aber das ist, was meine jungen Freunde aufrufen – und sich dann über die kleinen Kunstwerke – die Briefmarken – wundern und freuen. Auch intelligent gestaltete Beiträge, die interessante Themen aus unserer heutigen Welt aufgreifen und die auf Webseiten, Facebook, Twitter, Instagram veröffentlicht werden, könnten der Philatelie zu einem Adrenalin-Kick verhelfen. Die „elitären“ Philatelisten dürften hierfür aber auch nicht mehr zwischen sich selbst und den „Bildchen-Briefmarkensammlern“ differenzieren, um den „Letzte-Generation-Effekt“ zu bannen, denn nur gemeinsam sind wir stark.

Anmerkung: Dieser Artikel spiegelt die persönliche Meinung von DMVW wieder und nicht notwendigerweise die anderer ArGe-mitglieder.