Die „schönsten“ Mumien der Welt – faszinierende Geschichten abseits Ägyptens
Mumien erzählen viel über vergangene Kulturen und ihren Umgang mit Tod und Jenseitsvorstellungen. Besonders Ägypten prägte unsere Vorstellung davon – berühmt sind prachtvolle Gräber wie das des Tutanchamun mit seinen reichen Beigaben. Interessanterweise wurden Mumien in der Philatelie kaum dargestellt, der Fokus lag meist auf dem Grab und den symbolischen Objekten, bzw. als Hauptdarsteller in einem Film. Hier geht es aber nicht um Ägyptens Mumien, denn es gibt auch anderswo beeindruckende Beispiele natürlicher und künstlicher Mumifizierung, die faszinierende Einblicke in Geschichte und Medizin bieten. (Ägypten 1968; USA 1997)
Rosalia Lombardo – Die „Schönheit von Palermo“
Rosalia Lombardo starb 1920 im Alter von zwei Jahren an einer Lungenentzündung. Ihr Vater engagierte Dr. Alfredo Salafia, der mit seiner außergewöhnlichen Technik Rosalia fast lebendig konservierte. Sie scheint sogar zu blinzeln. Salafia verwendete eine komplexe Mischung aus Formaldehyd, Zinkchlorid und Zinksulfat, Glycerin, Alkohol und Salicylsäure. Diese Kombination bewirkte eine außergewöhnliche Erhaltung, die bis heute bewundert wird (©Rosalia Lombardo im Kapuzinerkloster von Palermo, Foto von Thomas Ledl, via Wikimedia Commons, lizenziert unter CC BY-SA 3.0 AT). Die Technik von Salafia war für seine Zeit bahnbrechend und gilt heute als Vorläufer moderner Einbalsamierungsverfahren. Rosalias Erhaltungszustand inspiriert bis heute Forscher und Laien gleichermaßen. Sie gilt als eines der beeindruckendsten Beispiele der modernen Mumifizierung. Sie ist mit vielen anderen Mumien in der Kapuzinergruft von Palermo zu sehen, keine 20 min zu Fuss vom Dom von Palermo entfernt (Italien 1944). Mehr dazu
Die Mumien von Qilakitsoq
Im Jahr 1972 wurden nahe dem Dorf Qilakitsoq in Grönland acht außergewöhnlich gut erhaltene Mumien aus dem 15. Jahrhundert entdeckt, die uns einen einmaligen Einblick in das Leben der Inuit geben. Die kalten, trockenen Bedingungen der Arktis führten zu einer natürlichen Mumifizierung, die Haut, Organe, Haare und Kleidung aus Tierhäuten hervorragend konservierte. Besonders auffällig sind bei einigen weiblichen Mumien kunstvolle Gesichtstätowierungen, die als soziale Marker und spirituelle Schutzzeichen dienten (Grönland 2023) und heute auch wieder in Grönland angewandt werden (Grönland 2024). Unter den Mumien befindet sich auch ein sehr gut mumifizierter Junge, dessen Erhaltungszustand besonders bemerkenswert ist (Grönland 1983, 2025 Europamarke; © Qilakitsoq I-1 von User:Wknight94, via Wikimedia Commons, lizenziert unter CC BY-SA 3.0). Sein Körper gibt wertvolle Hinweise auf den Alltag und die Umwelt der Inuit-Kinder vor über 500 Jahren. Mehr dazu
Die Schönheit von Loulan
Die Mumie der sogenannten Schönheit von Loulan stammt aus der Wüstenregion Taklamakan an der Seidenstraße und ist über 4000 Jahre alt (© Gesicht der Schönheit von Loulan, Foto von Anagoria, via Wikimedia Commons, lizenziert unter CC BY 3.0). Sie ist besonders gut erhalten, da die extrem trockene Luft der Taklamakan-Wüste eine natürliche Mumifizierung bewirkte. Die Stadt Loulan lag an einer der wichtigsten Handelsrouten der Antike, der Seidenstraße, die China mit Zentralasien, dem Nahen Osten und Europa verband (China 2012, die jeweils mittleren Briefmarken stellen die Ruinen von Loulan dar). Entlang dieser Route vermischten sich Kulturen, Sprachen und Religionen. Die Mumie zeigt west- und ostasiatische Merkmale, trägt Kleidung aus Seide mit Goldfäden und ist ein Zeugnis des kulturellen Austauschs. Die Mumifizierung erfolgte ohne menschliches Zutun, was uns zeigt, wie Umwelteinflüsse konservierend wirken können. Sie gibt zudem Hinweise auf Ernährung, Krankheiten und Kleidung jener Zeit. Mehr dazu
Die Kinder von Llullaillaco
Die Mumien von Llullaillaco gehören zu den spektakulärsten archäologischen Funden der letzten Jahrzehnte: Zwei junge Mädchen und ein Junge, die vor etwa 500 Jahren im Rahmen eines rituellen Menschenopfers auf dem über 6700 Meter hohen Vulkan Llullaillaco (Argentinien 2014) den Inka geopfert wurden. Gefunden 1999 4 Jahre nach „Juanita“ – der Prinzessin aus dem Eis in Peru (Peru 1998). Das Capacocha-Ritual war ein heiliges Zeremoniell zur Besänftigung der Götter oder Bekräftigung politischer Macht. Die Kinder – gesund, schön und aus angesehenen Familien – wurden monatelang vorbereitet. Sie erhielten eine besondere Diät, Koka und Alkohol, vermutlich zur Beruhigung. Forensische Untersuchungen zeigen, dass das ältere Mädchen (ca. 15 Jahre; © Llullaillaco-Kindermumien im Museo de Arqueología de Alta Montaña, Salta, © Rodolfo Sanches R., Wikimedia Commons, lizenziert unter CC BY-SA 4.0) nicht erfror, sondern erstickt wurde – wohl nach starker Betäubung. Die extremen Höhenbedingungen und die eisige Kälte konservierten die Körper nahezu perfekt. Die Mumien zählen heute zu den am besten erhaltenen der Welt – mit intakter Haut, inneren Organen und sogar nachweisbaren Haar- und Blutproben, die Aufschluss über Ernährung und Gesundheitszustand geben. Diese Kinder bieten nicht nur einen Einblick in ein religiöses Weltbild, sondern auch in die medizinische und soziale Wirklichkeit des Inkareiches. Mehr dazu
Franz Xaver Sydler de Rosenegg – Der „luftg’selchte Pfarrer“ von St. Thomas am Blasenstein
Auch in Österreich findet man Mumien, wenn auch weniger „schöne“. In St. Thomas am Blasenstein liegt die Mumie des Pfarrers Franz Xaver Sydler de Rosenegg (1709–1746). Er sollte nach seinem Tod in das Stift Waldhausen überführt werden, weshalb sein Körper zum Transport konserviert wurde. Statt herkömmlicher Einbalsamierung wurde er über das Rektum mit Hobelspänen (Ungarn 1955), getrockneten Kiefernzweigen (Nord-Mazedonien 1999), Seidentüchern (Liechtenstein 2013) sowie Zink- (Thailand 1990) und Kupferverbindungen ausgestopft – eine einzigartige Technik, die Austrocknung und Bakterienwachstum verhinderte. Besonders der Torso ist anatomisch gut erhalten. 2025 konnten Forscher Tuberkulose mit Lungenblutung als Todesursache feststellen und Hinweise auf Ernährung, Pfeifenrauchen und körperlich wenig anstrengende Lebensweise nachweisen. Mehr dazu
Die hier vorgestellten Mumien sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der Vielzahl faszinierender Funde weltweit. Weitere bemerkenswerte Beispiele sind der Eismann Ötzi (Italien 2001) aus dem Alpenraum mit seiner gut dokumentierten Fundgeschichte sowie die Moorleichen aus Nordeuropa, (Irland 2010; Serie von Dauermarken zu „History of Ireland in 100 Objects“) ), die wichtige Einblicke in vergangene Lebensrealitäten ermöglichen. Diese Vielfalt zeigt eindrucksvoll, welchen wissenschaftlichen und kulturellen Wert Mumien besitzen – als stille Zeugen ihrer Zeit und als bedeutende Quellen für die Archäologie und Geschichtsforschung. Mehr dazu