Die Zukunft der medizinischen Diagnostik ist zurzeit wirklich spannend. Wir kommen dabei aber in der Forschung immer wieder auf alt bekanntes Wissen zurück, wie z.B. das Nutzen des Geruchssinns für die Diagnostik – wie es bereits die alten Griechen taten. Auch wenn heutzutage die Ärzte nicht mehr selbst an uns schnuppern, können wir uns wohl auf den Geruchssinn des besten Freundes der Menschen verlassen, den Hund.
Die erste Veröffentlichung, dass Hunde Krankheiten riechen können, stammt aus dem Jahr 1989. Ein Hund schnüffelte und biss in das Muttermal einer Frau, das sich als Hautkrebs herausstellte. 2004 wird bekannt, dass Hunde auch Blasenkrebs im Urin von Menschen erschnüffeln können. Inzwischen geht man davon aus, dass sie Diabetes (hohe Blutzuckerwerte), Brustkrebs, Malaria und sogar Infektionen mit Covid-19 oder dem Bakterium Clostridium difficile, Staphylococcus aureus und Helicobacter pylori identifizieren können. Dies ist ihnen aufgrund ihrer enormen Anzahl von Geruchsrezeptoren möglich. Deren Vielfalt erlaubt es Hunden, viele verschiedene Verbindungen zu unterscheiden. Die Identifikation von bevorstehenden Asthma- und Epilepsieanfällen ist wohl eher auf leicht veränderten Atemrhythmus zurückzuführen.
Der Mensch wäre aber nicht Mensch, wenn er nicht versuchen würde, ähnliche Fähigkeiten einem Hilfsmittel aus der Technologie zu überantworten: dieses Hilfsmittel ist auch teilweise biologisch – mit Bakterien.
Bestimmte Arten von Bakterien sind in der Lage winzige kleine, elektrisch leitende sogenannte Nanodrähte wachsen zu lassen. Diese dienen ihnen selbst dazu, Energie zu gewinnen, indem sie entlang dieser Nanodrähte Elektronen transportieren und dann an deren Ende diese Elektronen z.B. auf Eisen übertragen. Somit können sie „atmen“ und Energie gewinnen – ohne Sauerstoff, der ja bei uns als Empfänger der Elektronen dient. Diese Nanodrähte werden inzwischen auch so modifiziert, dass mit ihnen kleine „Kraftwerke“ gebaut werden, die Energie erzeugen.
In der Tat wurde ein Biofilm aus diesen Bakterien erzeugt, der in der Lage ist, aus unserem Schweiß (dessen Verdunstung auf unserer Haut) langfristig und kontinuierlich Strom zu erzeugen. Also eine kleine Batterie in Form eines Mikrochips direkt auf unserer Haut. Die Träume gehen inzwischen soweit, dass wir mit diesem „Chip“ auf der Haut unsere Mobiltelefone aufladen könnten.
Aber zurück zum Geruchssinn: Wie helfen die Nanodrähte uns beim Erschnüffeln von Krankheiten? Hierzu werden die Bakterien genetisch so verändert, dass auf der Oberfläche dieser Nanodrähte ein Rezeptor für die zu erschnüffelnde Substanz verankert wird. Bindet nun diese Substanz an die Oberfläche, verändert sich der Strom, der durch diese auf einem Mikrochip befindlichen Nanodrähte fließt. Diese Änderung kann detektiert werden und somit kann auf die Anwesenheit dieser Substanz geschlossen werden.
Werden so Hunde ersetzt? Im Moment definitiv noch nicht, da es bisher nur zwei Substanzen gibt, die von Bakterien „erschnüffelt“ werden, und wir noch weit von dem Geruchscocktail entfernt sind, die ein Hund erschnüffeln kann. Hinzu kommt eine weitere nicht ersetzbare Eigenschaft des Hundes: Im Gegensatz zu einem bioelektronischen Detektor können Hunde ihrem Frauchen oder Herrchen im Bedarfsfall auch das Päckchen mit dem Traubenzucker herbeiholen, helfende Angehörige alarmieren und ihren Halter bei aufziehender Gefahr zum Beispiel am Überqueren einer Straße hindern. Dies ist aufgrund ihrer kognitiven Funktionen, ihrer Kommunikation, ihrer Reaktionsfähigkeit und ihrem Wunsch, dazuzugehören möglich. Andere Tiere mit besserem Geruchssinn wie Elefanten, Bären und Haie sind dazu denkbar ungeeignet. Und auch Katzen wären wahrscheinlich ungeeignet, da sie die benötigten Information nur nach ihren Bedingungen geben würden. Hunde hingegen sind so gute Partner, dass sie uns die gewünschten Informationen immer geben wollen.
- https://www.pressetext.com/news/bio-nanodraehte-erschnueffeln-viele-krankheiten.html
- https://asknature.org/de/und-Dritten-/Bakterienproteine-%E2%80%8B%E2%80%8Bleiten-Strom/
- https://www.nature.com/articles/s41467-022-32105-6
- https://www.ptaheute.de/aktuelles/2022/10/10/einsatz-auf-vier-pfoten-spuerhunde-in-der-medizin
- https://www.nature.com/articles/d41586-022-01629-8